Vernissagerede von Mag. Ariel Lang

Meine sehr geehrten Damen und Herrn!

Im Namen des Kulturforums Bregenzerwald begrüße ich sie herzlich zu Eröffnung der Ausstellung "gföltlot und glatt" der drei Bregenzerwälder Bildhauer Herbert Schedler. Anton Moosbrugger und Hanno Metzler.

Das Heimatmuseum Bezau ist sicher eines der schönsten Talschaftsmuseen in Bregenzerwald und es ist ein besonderer Rahmen für moderne Kunst. Die das Jahr über hier präsentierten Objekte der Vergangenheit sind von hoher Qualität und ihre gefällige Darbietung deutet auf eine rührige und verständige Leitung des Museums hin.

Mit der heutigen Ausstellung wird das Museum für kurze Zeit wieder zu dem, was Museen in der griechisch- römischen Antike ursprünglich waren. Zum Ausstellungsraum für Kunstgegenstände nicht nur der Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart. Das Museum wird zu einem Ort der Begegnung und Konfrontation.

Dies ist nicht eine Absage an die Vergangenheit, sondern führt dazu, daß diese in ihrer Bedeutung für die Gegenwart erkannt wird. Wurzeln werden sichtbar und Verwurzelungen deutlich. Die Gegenwart erhält durch diese Konfrontation mit dem Vergangenen Tiefe und wird verständlicher.

Den Frauen und Männern des Museumsvereins unter der Leitung von Walter Greussing, Anton Bär und Annelies Meusburger möchte das Kulturforum Bregenzerwald danken für die Bereitschaft eine Ausstellung moderner Künstler in ihrem Museum zuzulassen, ja mehr noch, sie tatkräftig zu unterstützen.

Zum Titel:

Gföltlot und glatt:

Das Gföltlot: Das sorgfältig Zusammengelegte, das in Falten Gezogene, das Gerunzelte, das ineinander Verschränkte. Das Material ist nur scheinbar beliebig.

Das Glatte: Ohne sichtbare, spürbare Unebenheit, das an der Oberfläche keinen Halt bietet, das ohne Komplikationen ist, keine Schwierigkeiten bereitet, das, was keine Zweifel aufkommen läßt, das allzu Gewandte, das übermäßig Höfliche, das Einschmeichelnde.

Der Titel "Gföltlot und glatt" als Verweis auf die Naturlandschaft, eine Gebirgsregion, in der die tektonischen Urgewalten Gebirge aufgefaltet haben wie Stoffbahnen. Zerrissen und gebrochen tausendfach. Geglättet von der sanften Kraft des Wassers und des Windes, die das Harte zerbricht.

Gföltlot und glatt – Verweis auf die Lebenswelt der Menschen. Auf die zweite Haut, die bitter nötig ist, im kalten Land, seine traditionelle Kleidung. Die Kleidung der Frau ist dabei dominanter und auffälliger. Die Tracht der Frau ist bis heute im Bregenzerwald lebendig geblieben, vor allem dann wenn’s ans Heiraten geht oder ans Sterben. Die Besonderheit der knöchellangen, bis unter die Achsel reichenden Juppe ist die reiche Fältelung des Rockes.

Und darum geht es heute:

Zur Ausstellung Gföltlot und Glatt.

Hanno Metzler, Anton Moosbrugger und Herbert Schedler, drei Bildhauer aus dem Bregenzerwald, haben sich von ganz verschiedenen Richtungen herkommend diesem Thema angenähert.

Über die Künstler, so verdienstvoll sie sein mögen, möchte ich nicht reden. Wer über ihr Leben und ihren künstlerischen und beruflichen Werdegang etwas wissen möchte, kann dies auf der Homepage des Kulturforums im Internet nachlesen oder er kann es in kopierter Form bekommen.

Ich möchte ein paar Worte über ihren Zugang zur Thematik und ihre Werke sagen. Die Bregenzerwälder Frauentracht hat es Hanno Metzler angetan. Als Kind hatte er manchmal Angst vor den Juppenträgerinnen. den..schwarzen Frauen wie er sie nennt. Sie erschienen ihm unheimlich. Das Kind spürte instinktiv die Strenge und Kühle, die ausgeht von jenem noblen, ehrfurchtgebietenden Kleidungsstück, das stark von der spanischen Hoftracht des 17. Jahrhunderts und der Gegenreformation beeinflußt worden ist. Die strenge schwarze Kleidung stammt aus einer Zeit, da es galt die das Fleisch zu unterdrücken, sich auf das Jenseits zu orientieren und dem Willen des Herrschers unterzuordnen. Ein Weltbild, das nur die Extreme kannte, den Himmel, die Hölle und das Jammertal.

Doch es ist immer so. Das Mysterium tremendum und das Mysterium fascinosum liegen nah beieinander. Das was Zittern läßt zieht auch an. Ängste überwindet man, indem man sich mit ihnen beschäftigt. Und das hat auch Hanno Metzler getan. Er hat in seinen Objekten die engen Falten der schwarzen Juppe in Stein umgesetzt.

Und tatsächlich der Stein aus dem Mellauer Steinbruch, den Hanno Metzler verwendet, hat, wenn er geschliffen wird, den selben schwarzen Schimmer, wie der behandelte Leinenstoff der Juppe. Durch bloßes Behauen, durch Schleifen, und durch den rohen Bruch entstehen Formen und Gegensätze.

Die Skulpturen und reliefartigen Bilder, setzt Hanno Metzler zwischen die alten Gebrauchsgegenstände des Museums. In der Stube und im Gaden wird die Strenge der Form gebrochen. Ein Körper kommt zum Vorschein und es ist offensichtlich ein weiblicher.

Ein faszinierendes Spiel von Oberfläche und Tiefenstruktur setzt ein. Es wird deutlich, daß die rigide Kontrolle des Sinnlichen, des Leiblichen, dazu führt, daß die Bedeutung des Sinnlichen nicht abnimmt, sondern wächst, da0 sich eine Spannung aufbaut, die nach Lösung ruft. Geburt des Eros.

Mit gföltlot und glatt, Spannungen und deren Lösung, setzt sich auch Anton Moosbrugger in seinem Werk auseinander. Dabei bricht er auch diesmal eine Lanze für den Holzweg. Mit optischen, haptischen und akustischen Signalen lockt er in ein Reich der Sinnlichkeit.

Der Alltag in unserer Heimat wird von Anton Moosbrugger genau betrachtet und kritisch, ironisch abgebildet.

Position wird bezogen. Scheinhaftes wird entlarvt. Nach Anton Moosbrugger ist es üblich geworden, alltägliches Design zum Höchsten zu erheben und das Höchste entsprechend zu reduzieren. Die Installationen Lifestyle I und II, die sich im Trachtenraum des Museums, im l. Obergeschoß befinden, sind aus aktuellem Anlaß entstanden. Sie führen den Untertitel "Eine Parodie der Sommerausstellung im Kunsthaus Bregenz".

Gleich daneben befindet die sogenannte "Bußkapelle" situiert. Eine Sitzbank steht vor einem Ambo und einem Kreuz. Die Bank ist überzogen mit Überschriften aus Vorarlberger Zeitungsmeldungen. Die Meldungen wurden übertüncht, was Verdrängung signalisiert. Das Podest vor dem Ambo ist kritisch, es wackelt, wie jede Position, die oben ist. Vom Ambo kann Fruchtbares ausgehen, aber leider auch Furchtbares. Auf dem kreuzförmigen Acker ist gepflanzt worden, mag sein, daß es Kartoffeln sind oder aber auch Drachenzähne. Die Zukunft wird es weisen.

Im Dachgeschoß findet eine Prozession statt. Neun Wälderfrauen in Juppe folgen einer Fahnenträgerin. Das Motiv der Fahne ist Modulor, das menschliche Maß, allerdings ist diese Maß zeitgemäß verändert. Viagra läßt grüßen. Der Sporn, der Modulor aus der Leibesmitte dringt, verweist auf die derzeitige Diskussion über die Sexualmoral in unserer Gesellschaft im allgemeinen und der katholischen Kirche im speziellen.

Der dritte im Bunde der Ausstellenden ist Herbert Schedler. Ihm geht es in der Ausstellung ganz besonders darum Bezüge herzustellen, Dinge miteinander in Verbindung zu setzen, Dialoge zu beginnen. "Die Kunst, die andere machen, ist ihm genauso wichtig wie die eigene."

Schon die große Figur, die vor dem Museum steht und die Figuren im Schopf verwirklichen dieses Programm. Der Bezug zum Haus wird hergestellt, aber auch zur umliegenden Landschaft.

Kraft, Dynamik und Spannung sind die Mittel der Kunst von Herbert Schedler und er macht es sich nicht leicht. Er arbeitet konzentriert und geduldig mit allen möglichen Materialien und seine Objekte sind konsequent durchgearbeitet. Auch die Situierung der Skulpturen wird mit äußerster Sorgfalt vorgenommen.

Dem Betrachter soll die Möglichkeit gegeben werden, die Objekte zu umkreisen, sie genau zu betrachten. Erst durch die verschiedenen Perspektiven erschließt sich dem Betrachter eine Figur ganz.

Gut erkennen kann man dies an den anmutigen und femininen Skulpturen im Gaden und im Gang des ersten Obergeschosses. Je nach dem Standort des Betrachters verändern sie ihren Charakter entscheidend.

Herbert Schedler fordert den Betrachter auf, es sich nicht leicht zu machen, an sich selbst zu arbeiten, seine Wahrnehmung zu schärfen.

Im zweiten Obergeschoß stellt er kleine vergoldete Plastiken, den Heiligendarstellungen und – skulpturen aus verschiedenen Jahrhunderten gegenüber, wobei es zwischen den Altertümern und der modernen Kunst zu einem höchst reizvollen Dialog kommt.

Die Figurengruppen von Herbert Schedler und die Tafelbilder widersprechen sich nicht. Sie finden zusammen und ergänzen sich. Und wer ruhig ist und sich Zeit läßt kann jenem Gespräch zwischen den Jahrhunderten lauschen.

Gföltlöt und glatt. Herbert Schedler, Anton Moosbrugger und Hanno Metzler stellen aus im Heimatmuseum Bezau. Danke

ausstellung