Dr. med. Arthur Schnitzler (1862-1931) hat zeit seines Lebens in Wien gelebt. Unter dem Eindruck der Aktivitäten der Schriftsteller-Vereinigung "Jung Wien", die hervorgegangen ist aus der spezifisch Wienerischen Kaffeehaus - Kultur, wird Schnitzler zum umjubelten und gleichermaßen verpönten Dramatiker, Erzähler, Lyriker und Essayist. Er hat wie kein anderer "das Wien des Fin de siecle eingefangen" und eine zuverlässige und reiche "Topographie der Wiener Seelenverfassung um 1900 geschaffen" (Egon Friedell). 1893 lernt Arthur Schnitzler die attraktive und selbstbewußte Schauspielerin Adele Sandrock kennen, zwei Jahre lang sind die beiden ein Liebespaar. Welche Schattierungen der Gefühle sie durchleben, zeigt ihr Briefwechsel von 1893 bis 1895: die Beziehung ist beherrscht von Launen, geprägt von einem beständigen Wechsel der Einstellungen, man lebt von Augenblick zu Augenblick und gibt nur, um selbst zu nehmen. 1894 verfaßt Schnitzler - zeitgleich mit der Bekanntschaft zu "Dilly" - die beiden Einakter "Die überspannte Person" und "Halbzwei", in denen es sowohl um Arroganz als auch Biederkeit der Liebenden geht. Arthur Schnitzler an Adele Sandrock
Meine liebe Dilly! - Du hast mir eine Menge unangenehmer Dinge gesagt - bist endlich auf und davon gegangen - und hast als Abschiedswort nur ein zärtliches "Schau, daß du weiterkommst" gefunden - - Und was für ein Verbrechen hab ich begangen?? Ich habe mich - deiner Meinung nach, während eines Meistersingeraktes nicht oft genug zu dir umgedreht, - du wirst vielleicht, ruhiger geworden, selber zugestehen müssen, daß das über den Spaß geht. "Launenhaftigkeit" ist dafür ein zu mildes Wort, "Ungerechtigkeit" ist auch zu mild. - Solche Dinge sind doch im Grund recht überflüssig. Du solltest doch wohl schon wissen, daß sich meine Liebe zu dir nicht darin ausdrückt, daß ich für irgendein Kunstwerk plötzlich das Interesse verliere. Daß du im Theater warst, hat mich den ersten Akt mit mehr Genuß anhören lassen; - das ist meine Art von Liebe. - Es ist keine schlechte Art.- Ich war wüthend über dich, ich kann´s nicht läugnen. - Aber dann, im Laufe der nächsten zwei Akte, bin ich viel ruhiger geworden, und drum brauche ich dir nichts von all dem unhöflichen zu schreiben, zu dem ich heute wohl berechtigt wäre. - Maßlos, maßlos ungerecht bist du, und launenhaft wie du es gegen mich nicht sein darfst, und sei auch nur, weil ichs nicht vertrage.- Hochachtungsvoll ergebenst Euer Arthur
Den Inhalt der Lesung - vorgetragen von Ariel Lang und Birgit Feierl - bildet eine Collage, bestehend aus Tagebucheintragungen Schnitzlers, dem Briefwechsel mit "der Sandrock" und den genannten Einaktern. Die Texte bieten einen vergnüglichen und spannenden Einblick in das Seelenleben Schnitzlers und Sandrocks, zweier eigensinniger Künstlernaturen und deren überaus komplizierte Beziehung zueinander, die charakteristisch ist für die damalige Jahrhundertwende. Die autobiographischen Verweise sind deshalb sehr entscheidend, weil Schnitzler es "selbst auf Kosten künstlerischer Geschlossenheit nicht fertigbringt, etwas zu schreiben, was der Überprüfung durch die eigene Erfahrung nicht standhielt. Die treffende gesellschaftliche Analyse entspringt in der subjektiven Aufrichtigkeit." * Tagebucheintragungen Arthur Schnitzler 9.Jänner 1894: "Mittag und Abd. bei D.[illy]. - Fühle meine Autoreneitelkeit. Habe das Bedürfnis, dass D.[illy] von meinen Werken spricht.-..." 10. Jänner 1894: "Brief von D.[illy].- Nachmittag plötzlich in Stimmung.- Pläne reihten sich plötzlich, so zu 2 Einaktern.- Freudig.- Bei D.[illy] wieder erst um 1/2 2 ins Bett; bei ihr bis 6 früh.- Ach, und es macht mir eigentlich so wenig Vergnügen! Und ich lüge Liebe und weiss Gott was alles, - um was aus ihr herauszubringen, aber ihr Verständnis für mich ist mit ihrer Sinnlichkeit und ihrer Ahnung, daß ich ihr noch eine Rolle schreiben werde, abgeschlossen.- Ungerecht! Sie ist gescheidt und hat interessante Momente und scheint sich zuweilen auch für was andres zu interessiren.- Allerdings nützt sie alles für ihre Sinnlichkeit aus, z.B. mein Klavierspiel; die Musik.- " * "Wenn zwei Menschen * "Die Seele mancher Menschen scheint aus einzelnen * http://www.oeaw.ac.at/litgeb/Schnitzfre.html http://www.cwru.edu/artsci/modlang/german380/schnitzler.html
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