Herbert Schedler
Geboren 1936 in Andelsbuch (Bregenzerwald), Österreich
Nach Stukkateurlehre Praktikum
1959 Meisterprüfung
1958 bis 1960 Ausbildung als Bildhauer an der Bundesfachschule Hallein (Salzburg)
Anschliessend zweijährige Tätigkeit als Restaurator an der Residenz München
Seit 1963 freischaffend
Seit 1979 ordentliches Mitglied der Berufsverbandes der bildenden Künstler Österreichs (BVÖ, Wien)

Adresse: Bachgasse 41, 6850 Dornbirn, 05572/20918

Ausstellungen:
1979 Erste Ausstellung mit einer grösseren Kollektion Bronzeplastiken in der Schlossgalerie Arbon, Schweiz
1981 Als Gast "25 Jahre ars felix" mit Peter Stein in der Schlossgalerie Arbon, Schweiz
1982 Ausstellung Daniel-Henry-Kahnweiler-Preis für Plastik in Rockenhausen / BRD (Beteiligung)
1983 Galerie auf der Stubenbastei, Wien (Beteiligung)
1984 Museum für angewandte Kunst, Wien (Beteiligung)
1984 Ausstellung Galerie vor der Klostermauer St. Gallen, Schweiz, gemeinsam mit Josef Hofer
1988 "Künstler aus dem Bodenseeraum", Haus des Landes Baden-Württemberg, Bonn (Beteiligung)
1989 Galerie "Ninety-Seven", Hong Kong
1989 4. International Exhibition of Miniature Art, Toronto, Kanada (Beteiligung)
1990 Kulturhaus der Stadt Dornbirn
1991 Skulpturensommer der Stadt Dornbirn (Beteiligung)
1991 "Wegzeichen" 1100 Jahre Balgach, Schweiz (Beteiligung)
1991 Galerie Brauerei Chäller, Laufen, Schweiz
1993 Palast Hohenems
1995 Galerie Stefanie Hollenstein, Lustenau
1998 "gföltlot und glatt", Heimatmuseum, Bezau

Aktuelle Ausstellungsbilder:

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Weitere Arbeiten:

feuervogel.jpg (59271 Byte)plast2.jpg (15588 Byte)plast3.jpg (20059 Byte)plast1.jpg (20252 Byte)

 

programm frühjahr / sommer 1998

ausstellung

Dr. Franz Josef Köb:
Vernissagerede für Herbert Schedler am 10. November 1995

DIE EIGENE WAHRHEIT SUCHEN

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herbert. Ich möchte meine Rede unter das Motto stellen: "Die eigene Wahrheit suchen und leben, der eigenen Wahrnehmung vertrauen, ohne Rücksicht auf Erfolg, Anerkennung, Geschäft und Ertrag".

Manche meinen, das sei einfach oder gar egoistisch und bequem, die eigene Wahrheit zu suchen. Das Gegenteil ist der Fall. Der eigenen Wahrheit nachspüren, das ist schwer, unbequem und schmerzhaft. Man vergißt, daß sich die meisten Menschen dagegen sträuben, daß die Tragik der meisten Menschen darin besteht, ständig ein anderer, eine andere sein zu wollen, als man ist. Der dänische Philosoph Sören Kierkegaard, ein großer Kenner des Menschen, meinte einmal: "Der Mensch wehrt sich verzweifelt dagegen, er selbst sein zu müssen. Er will alles andere entdecken, nur nicht sich selbst." Und David Henry Thoreau, der sich für ein Jahr lang in eine Hütte am Ufer des Waldensees zurückzog, notierte in Anspielung auf die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus: "Es ist leichter mit 500 Mann auf Staatskosten viele Tausend Meilen weit durch unwirtliche Gewässer zu segeln, als für sich allein das Binnenmeer der Seele zu erkunden".

Warum ist es so schwer die eigene Wahrheit zu suchen und zu leben? Weil es einsam macht, einen herausfallen läßt aus der Masse, einem bewußt macht, daß man getrennt von den anderen und allein ist. Man muß also viel Schmerz aushaften, wenn man sich selber treu bleiben will. Anderseits gilt auch die Verheißung: Wir werden uns selbst überraschen, wenn wir das ernst nehmen, was in uns zum Leben kommen will.

Herbert Schedler geht diesen Weg der eigenen Wahrheitssuche seit einigen Jahren. Von Beruf Stukkateur und Restaurator mit internationalem Ruf, hat er erkannt: "In der Restaurierung bin ich der Diener einer anderen, einer fremden Sache. In der Restaurierung darfst du als Künstler nicht existieren. Wenn dort etwas Eigenes einfließt, ist das tödlich. Daran ersticke ich aber auf die Dauer, das kann ich nicht leben, denn das Eigene will zum Leben kommen." Herbst Schedler spürte dieses elementare Bedürfnis, Kunst zu machen, schon sehr lange.

Kunst machen, was ist das? Lange habe ich geglaubt: Kunst, das ist das, was entsteht, wenn es Menschen gut geht. Dann schreiben sie schöne Gedichte oder Musik, malen oder bildhauern. Erst in der Lebensmitte habe ich begriffen, daß Kunst vielmehr aus dem Schmerz geboren wird, und Künstler wie Herbert Schedler, den Muscheln gleichen: Aus dem was sie schmerzt, macht die Muschel Perlen, aus dem was Herbert Schedler schmerzt, macht er seine Plastiken. Herbert Schedler hat 1994 notiert: "Die plastische Kunst, das offene Buch. Lexikon der Leidenschaften, Rechnungsbuch der Einsamkeit, Roman der nicht gezählten, nicht erzählten Verletzungen und der Leser als Autor, der kopfschüttelnd vor seinem Werk steht oder hingerissen."

Plastische Kunst dieser Art ist konzentrierte, geduldige Arbeit, die einen langen Atem und einen starken Glauben an sich selbst erfordert. Es ist Befreiungsarbeit für die Seele, für eine Seele, die im Streben nach materiellem Erfolg verhärtet, die in der Routine des Alltags vertrocknet, die von den alltäglichen Schrecken und Grausamkeiten vielfach verletzt und verwundet wird. Der Bildhauer Fritz Wotruba meinte einmal: "Kunst, ist der Versuch sich zu befreien - aus dem Schlamm."

In diesem Jahr hat Herbert Schedler einmal notiert: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen, heißt es bei Wittgenstein. Was er nicht sagt: daß man diese Wortlosigkeit, dieses Schweigen auch sprachlos füllen kann. Das ist die Aufgabe der Kunst."

Kunst ist für Herbert Schedler also ein Ringen um Sprache. Um das auszudrücken, was das Leben an Schönem und Schrecklichem, an Bitterem und Süßem, an Klarem und Unverständlichem, an Abgründen und Höhen, an Zärtlichkeit und Schmerz für uns bereit hält. 

Herbert Schedler ist 1936 geboren, in Andelsbuch als zweiter von vier Buben. Zuhause war man arm, man hatte zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben. Das Bedürfnis, der elementare Wunsch, Kunst zu machen, wurde Herbert Schedler nicht in die Wiege gelegt. Er erfuhr keine Förderung, sondern das Gegenteil: Widerstand, finanzieller und ideeller Natur. Wer die Begabung gesehen und erkannt, den Künstler in Herbert Schedler ermuntert und gefördert hat, das was Direktor Scherrer von der Bundesfachschule Hallein.

Herbert Schedler ist ein Künstler, der hart, konsequent, zäh, ausdauernd, mit großem handwerklichen Können arbeitet. "Wir haben viel zu viel schnelle Kunst", hat er mir bei einem meiner Besuche gesagt und erklärt: "Ich muß etwas konsequent durchschaffen, bis es hält. Vorher bin ich nicht zufrieden." Daß etwas nur interessant ausschaut, ist Herbert Schedler zu wenig. Die Plastiken, die Sie hier sehen, wie das "Gedächtnis", unten beim Eingang, oder der "Feuervogel", "Die Unschuld", sind die Frucht und Arbeit von mehr als zwei Jahren tagtäglicher Anstrengung. Es ist Kunst, die mit enormen Zeitaufwand entstanden ist.

Herbert Schedler hat mir gesagt: "Ich schaffe jeden Tag an mir und lege die Latte so hoch als möglich." Die Frage bei diesem großen Anspruch an sich selbst ist, wann ist man zufrieden? Die Antwort ist klar. Je geringer die Ansprüche sind, je weniger man kennt und weiß, um so rascher ist man zufrieden. Denn je mehr man kennt und weiß, um so weiter wird der Blick und um so klarer wird einem die eigene Mangelhaftigkeit.

Herbert Schedler kennt und weiß viel, weil er nicht ohne gute Kunst von anderen leben will. Er hat eine bedeutende private Sammlung moderner Kunst. Da findet man Hans Hartung, Eduardo Chillida, Mark Tobey, Sergey Poliakoff, Peter Stein, Max Oertli, Andrey Jemez, Santomaso Tapies und viele andere. Unter den Musikern liebt Herbert Schedler besonders Ligetti und Bendaretzky. Strawinski hat ihn inspiriert, dieser Plastik hinter mir den Titel "Feuervogel" zu geben. Stockhausen, Arnold Schönberg, Anton Webern und Alban Berg sind andere Künstler, von denen sich Herbert Schedler gerne inspirieren und anregen läßt, denn er ist der Überzeugung: "Die Kunst, die andere machen, ist genauso wichtig, wie die eigene. Der Dialog mit den Werken, die andere geschaffen haben, ist mir ganz wichtig."

Herbert Schedler hat gegenständlich angefangen und bis heute diesen elaborierten Code entwickelt, den Sie in dieser Ausstellung zu sehen bekommen. In den letzten fünf Jahren entstand das meiste. Von diesen Plastiken gibt es keine Entwürfe, keine Zeichnungen, die Werke werden in der Werkstatt erfunden, sie sind das Ergebnis der Suche nach einer künstlerischen formalen Sprache. Sie entstehen frei aus dem Künstler heraus, sind seine Kinder, die sein Fühlen und Denken ausdrücken.

Mittel der Kunst sind für Herbert Schedler Linie, Kraft, Dynamik, Monumentalität, Spannung. Herbert Schedler arbeitet solange an einer Plastik, bis er das Gefühl hat: "Jetzt paßt es, jetzt ist es gut."

In der Zeitschrift Kultur hat Herbert Schedler geschrieben: "Im Grunde sind meine Arbeiten sehr einfach zu verstehen. Es sind keine wirr verknäuelten roten Fäden, sondern dicke Glasfaserkabel, die mein Werk durchziehen und es zusammenhalten. Kunst hat mit Besessenheit zu tun, sagen viele leichtfertig. Mich foltert und erlöst jeden Tag, daß es tatsächlich so ist. Meine Obsessionen können an einer Hand abgezählt werden.

Zunächst: die Obsession der Spannung - Tage, Wochen, Monate verbringe ich damit, leere Objekte aus ihrer Trägheit zu reißen. Der Plastiker als Bergarbeiter, Chirurg, Liebhaber, Komponist. Gegen Statik und Langeweile konspiriert, schlicht, meine Mentalität plastischer Monumentalität. Im weiteren: die Obsession der Form - einer Form, die Inhalte trägt und verbirgt, angreifbar und begreifbar, offen für das Spiel wechselnder Perspektiven und Interpretationen. Auch: die Obsession der Oberfläche - die kaputte Haut und die harte Logik von Feile und Schleifstein; vielleicht ist es das: ein romantisches Anrennen gegen die Verletzungen und Verwerfungen des Alltag, der Natur, der Zeit. Sodann: die Obsession des Raumes – der gestaltet, eröffnet, erträumt, erobert, umarmt sein will. Und außerdem, natürlich: die Obsession der Perfektion – diese mitleidslose Instanz der Kritik und Korrektur und Kritik und Korrektur.

Das alles sind ganz abstrakte Nomina. Meine Obsessionen aber, aus Gips, Bronze, Stuckmarmor, Holz, Ton, Acryl, Epoxy-Harz, sie sind konkret."

Beim Betrachten der Kunst fragt man sich gern, was soll das bedeuten? Dazu ist es wichtig für diese Plastiken zu wissen, daß nicht eine Geschichte oder ein Thema als Aufhänger vorangeht. Die Namen, die Sie hier sehen, sind erst ganz am Schluß entstanden. Wie also kann solche Kunst betrachtet werden?

Herbert Schedler sagt zu seinen Kindern: "Begegnet der zeitgenössischen Kunst wie einem fremden Menschen: Vorurteilsfrei, offen, fragend, gesprächsbereit." Dabei ist es mit der Kunst, wie mit den Menschen: Der eine ist einem gleich sympathisch, der andere nicht. Von der einen möchte man gerne mehr wissen, von der anderen nicht. Die Frage beim Betrachten ist, wie bei jeder anderen Begegnung: Kommt ein Dialog zustande? Wenn ein Dialog zustande kommt, dann kann jeder selbst sehen, hören, spüren, fühlen. Vertrauen Sie, also dem, was Sie sehen, hören, spüren, fühlen. Denn es gibt nicht die eine einzige und richtige Interpretation. Im Gegenteil. Interpretation führt weg, lenkt ab vom eigenen Wahrnehmen. Herbert Schedler erzählt gern die Geschichte, wie er vor fünfundzwanzig oder dreißig Jahren zusammen mit seiner Frau in einem Konzert von Bela Bartok, "Der wunderbare Mandarin" hörte. Seine Frau kannte die Geschichte und erklärte immer wieder, was die Musik jetzt gerade darstelle. Bis Herbert Schedler aufbrauste und sagte: "Sei still, mich interessiert das nicht, ich höre ganz etwas anderes. Wie ein Ton kommt, wie er sich entwickelt, weit wird, wieder zusammengeht." Er war der Überzeugung, man muß die Geschichte nicht kennen, um die Musik zu erfassen. Ebenso ist es mit dem Erfassen dieser Plastiken.

Der eigenen Wahrnehmung vertrauen heißt: Es gibt mehrere gültige Interpretationen, mehrere stimmige Sichtweisen, mehrere Wahrheiten, denn jede und jeder baut sich seine eigene Welt. Und die verändert sich. Nach zehn, zwanzig Jahren sieht man ein und dasselbe wieder anders.

Was man sieht, fühlt, empfindet, das hängt vom Betrachter und vom Kunstwerk ab, wie viele "Seiten" zum Klingen gebracht werden. Freilich der Betrachter muß an sich arbeiten, damit man immer mehr hört, sieht, fühlt. Das gilt für alle Bereiche des Lebens. Jeder kann nur das sehen, von dem Ort aus, an dem er gerade steht. Eine Voraussetzung um mehr zu sehen besteht darin, die Plastik minutiös zu umkreisen. Herbert Schedler stellt den Anspruch, rundum, das heißt aus jeder Perspektive muß die Plastik die gleiche Spannung, Dynamik haben, sie muß immer stimmen, obwohl sie immer anders wird. Das Licht, der Schatten, die Struktur, die Farbigkeit. Wenn dieser Anspruch nicht stimmt, dann ist Herbert Schedler radikal. Er hat eine solche nicht stimmige Plastik zersägt.

Probieren Sie also beim Betrachten das Umkreisen. Ich selbst habe meinem ersten Besuch gestaunt, wie dramatisch sich der Ausdruck einer Plastik verändern kann, je nach dem ob man sie von oben oder unten anschaut. Betrachten erfordert aber auch sich Zeit nehmen. Je mehr Zeit zwischen dem Kunstwerk und dem Betrachter liegt, desto mehr Information gibt es. Eine flüchtige Begegnung bleibt hier ebenso wie im menschlichen Bereich an der Oberfläche.

Während der Arbeit zu diesen Plastiken hat Herbert Schedler einmal notiert: "Es ist schrecklich: Immer, wenn ich versuche, meine Arbeit in Worte zu fassen, ist das Ergebnis nicht auszuhalten. Es wird immer ungenau, immer unzureichend. Das Elend der Sprache und ihrer Grenzen, auch meiner Grenzen. Also habe ich igendwann beschlossen den Mund zu halten. Irgendwann." Dieses Elend der Sprache kenne ich auch, ihre Grenzen, ihre Unschärfe, denn das Wort ist nie das benannte Ding, ebenso wenig wie die Landkarte die Landschaft ist.

Lieber Herbert, als einer der mit der Sprache arbeitet, noch dazu in einem Massenmedium, das immer auf den Erfolg bei den Massen schaut, war es für mich ein Erlebnis, Deine künstlerische, eigene Sprache etwas näher kennenzulernen. Mich hat die Konsequenz, die Ehrlichkeit und die Bescheidenheit, mit der Du Deine ganz persönliche Sprache, Deinen ganz persönlichen Ausdruck, Deine ganz persönliche Wahrheit suchst, ungeheuer beeindruckt. Ich wünsche Dir für Dein künstlerisches Schaffen weiterhin viel Kraft und Ausdauer und vor allem auch mehr öffentliche Anerkennung und Wertschätzung als bisher. Der Ausstellung wünsche ich einen erfolgreichen Verlauf.

Artikel in Kultur November 1995:

Schweigen und andere Leidenschaften

Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen, heißt es bei Wittgenstein. Was er nicht sagt: daß man diese Wortlosigkeit, dieses Schweigen, auch sprachlos füllen kann. Das ist die Aufgabe der Kunst.

Im Grunde sind meine Arbeiten sehr einfach zu verstehen. Es sind keine wirr verknäuelten roten Fäden, sondern dicke Glasfaserkabel, die mein Werk durchziehen und es zusammenhalten. Kunst hat mit Besessenheit zu tun, sagen viele leichtfertig. Mich foltert und erlöst jeden Tag, daß es tatsächlich so ist. Meine Obsessionen können an einer Hand abgezählt werden.

Zunächst die Obsession der Spannung – Tage, Wochen, Monate verbringe ich damit, leere Objekte aus ihrer Trägheit zu reißen Der Plastiker als Bergarbeiter, Chirurg, Liebhaber, Komponist. Gegen Statik und Langeweile konspiriert, schlicht, meine Mentalität plastischer Monumentalität. Im weiteren: die Obsession der Form – einer Form, die Inhalte trägt und verbirgt, angreifbar und begreifbar, offen für das Spiel wechselnder Perspektiven und Interpretationen. Auch: die Obsession der Oberfläche – die kaputte Haut und die harte Logik von Feile und Schleifstein; vielleicht ist es das: ein romantisches Anrennen gegen die Verletzungen und Verwerfungen des Alltags, der Natur, der Zeit. Sodann: die Obsession des Raumes – der gestaltet, eröffnet, erträumt, erobert, umarmt sein will. Und außerdem, natürlich die Obsession der Perfektion – diese mitleidslose Instanz der Kritik und Korrektur und Kritik und Korrektur

Das alles sind ganz abstrakte Nomina. Meine Obsessionen aber, aus Gips, Bronze, Stuckmarmor, Holz, Ton, Acry, Epoxy- Harz, sie sind konkret

Die plastische Kunst, das offene Buch. Lexikon der Leidenschaften, Rechnungsbuch der Einsamkeit, Roman der nicht gezählten, nicht erzählten Verletzungen. Und der Leser als Autor, der kopfschüttelnd vor seinem Werk steht oder hingerissen.

Es ist schrecklich: immer, wenn ich versuche, meine Arbeit in Worte zu fassen, ist das Ergebnis nicht auszuhalten. Es wird immer ungenau, immer unzureichend. Das Elend der Sprache und ihrer Grenzen, auch meiner Grenzen. Also habe ich irgendwann beschlossen, den Mund zu halten. Irgendwann.

Herbert Schedler, 1995